Ein Detektiv deckt das bisher unbekannte Schicksal eines der brutalsten Piraten der Geschichte auf

Im Jahr 2014 entdeckte der Hobbyhistoriker und Detektiv Jim Bailey in einem Obstgarten auf der amerikanischen Insel Rhode Island einen Satz antiker arabischer Münzen. Seitdem sind 15 weitere dieser Münzen in den USA gefunden worden. Untersuchungen haben ergeben, dass sie alle aus der Beute von Captain Avery stammen, dem einst meistgesuchten Verbrecher des späten 17. Jahrhunderts. Die Funde und Baileys Theorien halfen, Licht ins Dunkel zu bringen, wie und wo der mörderische Pirat verschwand.
Die ältesten in Nordamerika gefundenen Münzen enthüllen die bisher unbekannte Geschichte des englischen Piraten Henry Every, auch bekannt als John Evory oder Long Ben. Er erlangte 1695 öffentliche Aufmerksamkeit, als er mit vier anderen Schiffen eine reiche indianische Pilgerfahrt überfiel und ausraubteauf dem Rückweg von Mekka nach Indien an Bord der Ganj-i-Sawai, die einem der reichsten Männer der Welt gehörte, dem Mogulkaiser Aurangzeb. Die Besatzung und die männlichen Passagiere wurden von den Piraten erst gefoltert und dann ermordet, die Frauen wurden vergewaltigt und flohen dann mit Gold- und Silbermünzen im Wert von zig Millionen Dollar auf die Bahamas. Ein zu der Zeit unvorstellbares Vermögen...

Sie wurden sofort zu den meistgesuchten Piraten der Welt. Selbst König Wilhelm III. von England von Orange setzte ein fabelhaftes Kopfgeld auf sie aus. Jeder suchte nach irgendeinem Anhaltspunkt, auch dem kleinsten. Aber vergeblich. Die letzten Informationen kamen aus Irland, wo die Verbrecher nachweislich vor Anker lagen, aber danach war es, als wären die Piraten wie vom Erdboden verschluckt worden. Baileys Entdeckung ist der Beweis, dass sie schließlich an den Küsten der Vereinigten Staaten landeten.
Kürzlich entdeckte Aufzeichnungen zeigen, dass die Besatzung sich als Sklavenhändler ausgab - und sogar so weit ging, diekauften vierzig Sklaven in den französischen Kolonien, um die perfekte Tarnung zu haben, bevor sie 1696 ihr endgültiges Ziel in Newport erreichten. Auf diese Weise konnte sich einer der brutalsten Piraten der Welt mit seinem damals aufkeimenden neuen Beruf perfekt vor den Behörden verstecken. "Wir haben umfangreiche Primärquellendokumente, die darauf hindeuten, dass die amerikanischen Kolonien die Heimatbasis für die Schurkenoperationen der Piraten waren", sagte Bailey.

"Es scheint, dass die Männer der Piratencrew in der Lage waren, sich in Neuengland zu etablieren und sich voll in die Gesellschaft zu integrieren." sagte Sarah Sportman, eine Staatsarchäologin in Connecticut, wo eine der Münzen 2018 während einer archäologischen Untersuchung einer Farm aus dem 17. Jahrhundert gefunden wurde. "Es (der Sklavenhandel) sieht aus wie ein Geldwäschesystem", fügte sie hinzu.

Experten untersuchen nun die Münzen und ihre Geschichte. Bislang haben sie bestätigt, dass die Münzen 1693 im Jemen geprägt wurden. Seit ihrer ersten Entdeckung im Jahr 2014 wurden 15 weitere gefunden - alle mit der gleichen Prägung. Die Beweise legen also nahe, dass Baileys Theorie richtig ist. Ein Amateur mit einem Metalldetektor hat möglicherweise eines der berühmtesten Rätsel der Welt gelöst!

"Für mich ging es immer um den Nervenkitzel der Suche, nicht um das Geld", sagte Bailey. "Das Einzige, was noch besser ist, als einen Schatz zu finden, sind die längst vergessenen Geschichten dahinter..."

Roman Nemec

Henry Avery - alias John Avery alias Long Ben

Henry Every und sein Schiff Fancy

Eine der Münzen in Mr. Baileys Ladung

Quellen: rpm.org, numismatics.org, news.artnet.com