Die Kinderopferstätte verbarg Tausende von Graburnen und sehr seltene Goldmünzen

Bei archäologischen Ausgrabungen eines Friedhofs und eines Tempels an der Stelle einer Opferstätte in Karthago, Tunesien, wurden 2.300 Jahre alte goldene Opfermünzen und Graburnen mit den Überresten von Säuglingen und Tieren, einige sogar zusammen in einem Gefäß.

Die Münzen mit einem Durchmesser von 24 mm zeigen die antike Fruchtbarkeits- und Mutterschaftsgöttin Tanit, die zusammen mit ihrem Mann Baal Hammon die Hauptgötter Karthagos waren. Goldmünzen, auf denen sie abgebildet ist, sind in den archäologischen Aufzeichnungen sehr selten und waren schon zu ihrer Zeit ungewöhnlich. Ein Satz von fünf seltenen Goldmünzen wurde wahrscheinlich von wohlhabenden Anbetern als Opfergabe im Tempel hinterlassen.

Der Stadtstaat Karthago war eine phönizische Kolonie auf dem Gebiet des heutigen Tunesien. Er existierte von 800 v. Chr. bis 146 v. Chr., als er von den Römern zerstört wurde. Mehrere Jahrhunderte lang war Karthago ein pulsierendes Handelszentrum und ein Seehafen mit legendärem" Reichtum. Wie andere phönizische Städte besaß auch Karthago ein Tophet, einen heiligen Ort, an dem Opfer dargebracht und begraben wurden, insbesondere kleine Kinder. Das Tophet in Karthago hatte ein eigenes "Heiligtum" für Opfergaben und einen Friedhof.

Das Tophet von Karthago wurde erstmals 1921 von Archäologen erforscht, die dort 20.000 Urnen aus der Zeit zwischen 400 und 200 v. Chr. fanden. Gelegentlich wurden die sterblichen Überreste von Säuglingen und Kindern unter vier Jahren zusammen mit den Überresten von Lämmern (und sehr gelegentlich anderen Tieren wie Kühen, Schweinen oder Vögeln) beigesetzt. Der Boden in der Umgebung ist dicht mit Olivenholzkohle vermischt, wahrscheinlich die Überreste von Opferbeeten.

Die Experten sind sich seit langem uneinig darüber, ob eine so große Anzahl von Säuglingsresten auf karthagische Kinderopfer hindeutet oder ob es sich ausschließlich um "Kinder"-Bestattungen handelt. Es sind keine karthagischen schriftlichen Quellen zu diesem Thema überliefert, aber griechische und römische Quellen behaupten, dass es in Karthago die Praxis der Kinderopfer gab. Die griechisch-römischen Quellen gelten jedoch als nicht ganz zuverlässig, da lange Kriege mit Karthago geführt wurden und möglicherweise absichtlich falsche Informationen zu Propagandazwecken verbreitet wurden.

Die Inschriften auf den steinernen Grabsteinen sind nicht eindeutig, aber es scheint, dass es sich bei den Lämmern um "Ersatzopfer" handelte, d. h. um Opfer für die Götter anstelle der Kinder selbst. Jüngste archäologische Untersuchungen haben Wissenschaftler zu dem Schluss gebracht, dass es sich bei den Überresten in den Urnen tatsächlich um Opfer handelte - sei es ein Tier- oder ein Menschenopfer: "Obwohl einst umstritten, haben Experten überwältigende Beweise dafür gefunden, dass karthagische Eltern kleine Kinder rituell als Opfergaben für die Götter darbrachten", so die Universität Oxford in einer Pressemitteilung.

"Möglicherweise geschah dies aus tiefer Frömmigkeit oder aus dem Gefühl heraus, dass der Nutzen, den das Opfer für die Familie oder die Gemeinschaft als Ganzes bringen könnte, schwerer wog als das Leben des Kindes", sagte Josephine Quinn, Mitautorin der Studie der Universität Oxford. "Wir müssen uns der hohen Kindersterblichkeitsrate bewusst sein - es mag für die Eltern vernünftig gewesen sein, sich nicht zu sehr an ein Kind zu hängen, das seinen ersten Geburtstag vielleicht nicht erlebt. Wir sollten uns nicht vorstellen, dass die Menschen in der Antike so dachten wie wir und über dieselben Dinge entsetzt waren", schloss sie.

Roman Nemec

Quellen: ox.ac.uk, shemsfm.net, thehistoryblog.com, miamiherald.com

Beerdigte Urnen, meist mit den Überresten von Säuglingen und Kleinkindern

Grabsteine

Tanis-Münzen

Symbole und Markierungen auf Grabsteinen

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