Die älteste entdeckte Erzählszene: Mann mit Penis in der Hand wird von Tieren verfolgt

Im Südosten der Türkei wurde eine gemeißelte Steinbank mit Reliefs von Tier- und Menschenfiguren entdeckt, deren Hauptmotiv ein Mann ist, der einen nackten Phallus hält. Es ist die älteste bekannte Darstellung einer erzählenden Szene (Geschichte) und spiegelt die komplexen Beziehungen zwischen Menschen, Naturgewalten und der sie umgebenden Tierwelt vor 11 000 Jahren wider.

Archäologen entdeckten das Relief bei Rettungsarbeiten unter einem modernen Haus im Dorf Sayburc, das 1949 erbaut worden war. Die Region ist reich an historischen Stätten wie den ältesten Megalithanlagen der Welt, Göbekli Tepe und Karahan Tepe, die aus der Zeit um 9.500 v. Chr. stammen. Die bisher entdeckten 17 wichtigen Stätten gehören zu den ältesten Siedlungen und religiösen Anlagen der Welt. Als die Megalithen errichtet wurden, waren ihre Erbauer noch Jäger und Sammler. Sie bauten Häuser und Gemeinschaftsgebäude und gaben ihre nomadische Lebensweise auf, waren aber noch nicht dazu übergegangen, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben.

Im Jahr 2021 erhielt das Archäologische Museum von Sanlıurfa Informationen über die Wiederverwendung von Obelisken beim Bau von Gartenmauern in Sayburc. Die Archäologen bestätigten, dass es sich tatsächlich um neolithische Stelen handelt und begannen mit den Ausgrabungsarbeiten. Unter zwei modernen Häusern entdeckten sie eine kreisförmige Grube, die in den Kalksteinfelsen gehauen war. Entlang der 11 m langen Umfassungsmauer entdeckte das Team eine Bank im Felsgestein. Er ist etwa einen Meter hoch, 70 Zentimeter tief und 3,7 Meter lang. Das Bild wurde in die Innenseite der Bank geschnitzt, die sich einst in einem gewöhnlichen Haus befand.

Das fünfteilige Relief stellt eine Szene mit Menschen und Tieren dar, wobei der Schwerpunkt auf dem mittleren Teil mit dem hervorstehenden Relief eines Mannes liegt, der seinen Penis in die rechte Hand nimmt. Die Figur ist die einzige Figur in der Szene, die in dem Werk dreidimensional hervorsticht; die anderen Bilder sind flach. Auffallend ist auch die dreieckige Halskette oder der Halsschmuck des Mannes. Die Leoparden stehen seitlich mit geöffnetem Maul und blicken in Richtung des Mannes, der linke Leopard ist mit einem Penis dargestellt, der andere ohne.

Auf der Westseite des Reliefs sind die Figuren eines Mannes und eines Stiers zu sehen. Der Mann steht mit dem Rücken zur Mitte des Werks, ist in den Knien gebeugt, hat seinen Penis auf dem Bauch und hält etwas in der Hand - nach Ansicht der Archäologen wahrscheinlich eine Schlange oder eine "Rassel". Die andere Hand ist frei und mit sechs Fingern abgebildet. Der stilisierte Stier ist im Profil dargestellt, aber Kopf und Hörner sind von oben oder mit um 90° nach rechts gedrehtem Kopf zu sehen. Die Figuren sind in Bewegung und in Beziehung zueinander, sie haben ein gemeinsames Thema und eine Geschichte zu erzählen.

Die auf der Bank dargestellte Szene fängt die erzählerische Integrität sowohl des Themas als auch der Geschichte ein (im Gegensatz zu anderen zeitgenössischenzeitgenössische Bilder) und stellt die detaillierteste Darstellung einer neolithischen Geschichte dar, die bisher im Nahen Osten gefunden wurde. Sie bringt uns die neolithischen Menschen und ihre Welt näher. Aus dieser Zeit sind weitere Reliefs mit Menschen- und Tierfiguren bekannt, aber bisher ohne eine gemeinsame Geschichte. Dies ist die älteste ihrer Art.

Roman Nemec

Quellen: phys.org, cambridge.org

Sayburc-Relief

Tafel mit einer Szene einer männlichen Figur, die einen Phallus hält, und zwei Leoparden auf beiden Seiten

Bisher wurde nur die Hälfte des Gebäudes erforscht

Ausgrabungen in der Mitte der Gebäude

Einzelheiten