Das Geheimnis des mittelalterlichen Schachs: DNA enthüllt den Ursprung der Sandomierz-Schachfiguren

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Ein mittelalterliches Schachspiel, das in den 1960er Jahren in Polen entdeckt wurde, enthüllt dank einer DNA-Analyse ein weiteres faszinierendes Geheimnis. Dabei stellte sich heraus, dass die in der Burg Sandomierz gefundenen Schachfiguren aus dem 12. oder 13. Jahrhundert aus den Knochen ganz anderer Tiere hergestellt wurden als bisher angenommen. Die Ergebnisse überraschten die Wissenschaftler und eröffneten neue Möglichkeiten für den Ursprung der Figuren.

Forscher der Universität Warschau extrahierten ein fast vollständiges mitochondriales Genom aus kleinen Proben von der Unterseite der Schachfiguren. Die Analyse ergab, dass der aufwändiger verzierte Teil des Sets aus Pferdeknochen bestand, während die anderen Figuren aus Rinderknochen gefertigt waren. Eine der wahrscheinlich später geschnitzten Schachfiguren wurde aus dem Knochen eines Rothirsches hergestellt.

"In solch altem Museumsmaterial ist die DNA nur in sehr geringen Mengen erhalten und lässt sich nur schwer analysieren. Glücklicherweise konnten wir fast vollständige Sequenzen des mitochondrialen Genoms erhalten, die es uns ermöglichten, herauszufinden, von welchen Tierarten die untersuchten Figuren stammten", erklärte Dr. Danijela Popović vom Zentrum für neue Technologien an der Universität Warschau auf einer Pressekonferenz.

Die Knochenschachfiguren wurden 1962 bei archäologischen Ausgrabungen im ehemaligen Zentrum der mittelalterlichen Stadt entdeckt. Der Satz von Sandomierz ist fast vollständig, nur 3 Figuren fehlen. Es handelt sich um einen sehr seltenen und einzigartigen Fund, da in Polen bisher nur 50 mittelalterliche Schachfiguren gefunden wurden, allerdings fast immer einzeln und nicht in einem Satz.

Die handgeschnitzten und polierten Figuren mit einem Durchmesser von 18 mm und einer Höhe von nur 25 mm (selbst das ist ein Unterschied zu den zuvor gefundenen größeren Figuren) wurden mit abstraktenm Stil, der für die mittelalterlichen islamischen Schahs typisch war - im Einklang mit dem religiösen Verbot realistischer Darstellungen menschlicher Figuren, das zu dieser Zeit in Europa durchaus üblich war. Die Figuren waren mit eingeritzten parallelen Linien und gepunkteten, kreisförmigen Mustern verziert, die mit einem Zirkel erstellt wurden.

Die Burg von Sandomierz hat eine reiche Geschichte. Sein gotisches Aussehen erhielt es unter König Kasimir III. im 14. Jahrhundert. Davor gab es eine Festung aus dem 10. Im 12. Jahrhundert war sie Sitz von Heinrich I. von Sandomierz, einem Fürsten der Piasten-Dynastie und Sohn des polnischen Monarchen Boleslaus III. Heinrich führte polnische Truppen im Zweiten Kreuzzug (1147) und später in den 1250er Jahren an.

Bisher dachten Archäologen, dass Heinrich die Schachfiguren bei seiner Rückkehr von seinen Reisen in den Nahen Osten mitgebracht haben könnte. DNA-Analysen haben jedoch gezeigt, dass die Figuren aus den Knochen europäischer Tiere geschnitzt wurden, was weitere Möglichkeiten für den Ursprung dieses einzigartigen Schachspiels eröffnet.

Eine Theorie besagt, dass sie von Dominikanermönchen aus Italien in die Stadt gebracht worden sein könnten. Der Fundort befand sich neben der 1226 gegründeten Dominikanerkirche St. Joseph. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Figuren Teil einer Einfuhr während der Handelsbeziehungen Kiews mit Westeuropa waren. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Figuren in Polen hergestellt wurden, da eingeritzte Linien und Kreise auch auf anderen polnischen Artefakten aus Geweih und Knochen gefunden wurden.

Obwohl es nicht möglich ist, definitiv zu bestimmen, wo diese mittelalterlichen Schachfiguren hergestellt wurden, bieten ihre Entdeckung und die neue DNA-Analysenicht nur wertvolle Einblicke in das mittelalterliche Leben, sondern zeigen auch das Potenzial der modernen Technologie in der Archäologie und Geschichtsforschung. Die Sandomierz-Schachfiguren sind ein einzigartiger und seltener Fund, der Historiker, Archäologen und Schachliebhaber auf der ganzen Welt weiterhin faszinieren wird.

Roman Němec

Quellen: polishnews.co.uk, archeologia.com.pl, sandomierzs.eu, zamek-sandomierz.pl

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